Luk 24, 1–11
Aber am ersten Tag der Woche sehr früh kamen sie zum Grab und trugen bei sich die wohlriechenden Öle, die sie bereitet hatten.
Sie fanden aber den Stein weggewälzt von dem Grab und gingen hinein und fanden den Leib des Herrn Jesus nicht. Und als sie darüber bekümmert waren, siehe, da traten zu ihnen zwei Männer mit glänzenden Kleidern. Sie aber erschraken und neigten ihr Angesicht zur Erde. Da sprachen die zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden. Gedenkt daran, wie er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war: Der Menschensohn muss überantwortet werden in die Hände der Sünder und gekreuzigt werden und am dritten Tage auferstehen. Und sie gedachten an seine Worte. Und sie gingen wieder weg vom Grab und verkündigten das alles den elf Jüngern und den andern allen. (…) Allen aber erschienen diese Worte, als wär’s Geschwätz, und sie glaubten ihnen nicht.
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn,
Ostern zu Hause, ohne Gottesdienst, ohne die anderen Gemeindeglieder zu sehen. Das ist neu, das ist schwer, wir sind es anders gewohnt. Trotzdem wollen wir versuchen, uns auf diesem Wege Ostern zu nähern.
An Ostern geht es ganz menschlich zunächst um den Tod.
Und wenn es um den Tod geht, verstehen z. B. Verwaltungen keinen Spaß. In den Unterrichtsblättern für die Bundeswehrverwaltung findet sich der Satz: „Der Tod stellt aus versorgungsrechtlicher Sicht die stärkste Form der Dienstunfähigkeit dar.“ Noch besser ist das Bundessteuerblatt mit der Feststellung: „Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EstG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen.“ Den Vogel aber schießt ein Kommentar zum Bundesreisekostengesetz ab: „Stirbt ein Bediensteter während einer Dienstreise, so ist damit die Dienstreise beendet.“
Das Grab, in das sie Jesus legten, stellte in jeder Hinsicht die stärkste Form der Dienst- und Berufsunfähigkeit für Jesus dar. Und seine Dienstreise ist nach irdischen Maßstäben nun wirklich an ihr Ende gekommen, als er nach nur drei Jahren öffentlichen Wirkens wie ein Verbrecher hingerichtet wurde.
Diese Botschaft von der Auferstehung – sie widerspricht unserer Erfahrung. Sie rüttelt an unserem mit beiden Beinen fest auf dem Erdboden stehenden Verstand. Es erscheint einfach ganz und gar unglaubwürdig, dass ein Toter wieder lebendig wird. Doch Vorsicht: Wir müssen die Bibel schon genau lesen. Die Auferstehungsberichte erzählen nicht, dass da ein Toter reanimiert wird und dann einfach wieder lebendig durch die Welt läuft.
An anderen Stellen im Neuen Testament lesen wir in der Tat von Toten-Auferweckungen. Da wird z. B. ein Jugendlicher aus dem Dorf Nain zu Grabe getragen. Jesus ruft: „Steh auf!“ Und der tote Jüngling steht auf und kann wieder seiner Mutter, einer Witwe, beistehen. Hier kann man davon sprechen, dass ein Toter wieder lebendig wurde. Aber selbstverständlich sind später Mutter und Sohn gestorben. Jedem Menschen steht das bevor. Todsicher.
Mit der Auferstehung Jesu verhält es sich aber anders. Jesus kehrt nicht nur in das normale, vorige Leben zurück, sondern zeigt sich den Frauen am Grab als jemand, der bereits zum ewigen Leben gehört. Der Auferstandene ist kein reanimierter Toter. Durch die Auferstehung hat Jesus Christus vielmehr den Tod besiegt.
Die faszinierende Geschichte des Genetikers Francis Collins sagt Folgendes: Collins war der Leiter des „Human-Genomprojektes“. Unter seiner Leitung haben über 1.000 Wissenschaftler aus 40 Ländern das menschliche Erbgut entschlüsselt. Aufgewachsen war Collins als Atheist. Seine letzten Gewissheiten waren die Physik und die Biologie, die Genetik und die Medizin. Dass hinter, unter und in allem Gott wirken könnte, war für ihn sentimentale Weltflucht.
Was sein Weltbild dann ins Wanken brachte, waren nicht so sehr brillante Argumente für Gott und den Glauben. Nicht so sehr intellektuelle Gedankenspiele und theologische Einsichten. Was seine Sicherheiten einstürzen ließ – sein Erschrecken –, war die Begegnung mit einer gläubigen todkranken Patientin, die er behandelte. Das beeindruckte ihn: dass diese Frau ehrlich und ohne Selbstbetrug sehen konnte, wie es um sie stand – und trotzdem voller Zuversicht war. Das beeindruckte ihn. Durch ihr Zeugnis des Glaubens fand er zu Gott.
Das Zeugnis der Frauen damals, am Grabe des auferstandenen Herrn, läuft ins Leere. Sie hielten es „für ein Geschwätz“. Wohlgemerkt die Jünger. Diejenigen also, die den Herrn begleitet hatten, jahrelang. Diejenigen, die miterlebt hatten, wie der Jüngling und der Lazarus auferweckt wurde. Damals war ihnen das klar: Jesus, ihr Herr und Meister, hatte diese Kraft, genau dies zu tun. Aber jetzt hatten sie ihn, ihren Meister, sterben sehen. Und damit war alles aus. Wie sollten sie Vertrauen haben, wenn er nicht mehr lebte? Damals war er da, jetzt nicht mehr. Ihre Enttäuschung sitzt zu tief, hat sich eingegraben bei ihnen bis in die untersten Schichten des Gemütes. Sie sehen nur: Da ist nichts mehr zu machen. Tot ist tot. Die Dienstreise Jesu ist wirklich zu Ende.
Könnten wir heute mit den Jüngern sprechen, dann würden sie uns genau dieses erzählen. Dass sie wirklich alles nur schwarz in schwarz gesehen haben. Das sie menschlich nicht anders konnten. – Aber: Sie würden uns auch davon erzählen, wie sie später dem Auferstandenen begegnet sind. Und wie peinlich es für sie war, dass sie gezweifelt hatten, an Jesu Wort. Er hatte es ihnen oft gesagt: Nach drei Tagen wäre es so weit. Dann würde er auferstehen. Es war so peinlich für sie, dass sie es diesmal nie wieder vergessen würden, dass der Herr Macht über den Tod hat. Und dass sie dies Zeugnis vor der ganzen Welt abgelegt haben, und für diese Wahrheit selbst den Tod nicht gescheut haben. Jedem, – und uns allen – rufen sie bis heute zu: Der Herr ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden – Halleluja! Amen.