Hört nicht auf, zu beten und zu flehen! Betet jederzeit im Geist; seid wachsam, harrt aus und bittet für alle Heiligen. (Epheser 6,18)

Sehr geehrte Leserinnen und Leser, liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

Gebet und Flehen – da geht es richtig um was, da geht es zur Sache. Wenngleich unseren Gebeten nicht immer abzuspüren: Nicht weniger als das Leben steht auf dem Spiel, deshalb: Gebet und Flehen. Beim Flehen klingt mit, eindringlich und inständig zu beten. Dieses Flehen macht sich oft erst dann bemerkbar, wenn das Leben gefährdet ist. Auf körperlicher Ebene gibt es da diverse Gefährdungsfaktoren (Corona, Krieg u. v. m.). Auch soziale Vereinsamung oder Isolation gefährden das Leben, denn wir sind als Menschen zur Gemeinschaft, und als christliche Gemeinde: zur Gemeinschaft der Heiligen, geschaffen bzw. berufen.

Es ist nicht immer das Messer oder Maschinengewehr, das gezückt wird, wenn Menschen einander schaden oder unterdrücken: Oft geht das ganz klein los mit Bevormundung oder dem unbedingten Willen zum Bestimmen; dem Tratschen hinter dem Rücken oder wenn Selbstverständliches nicht geleistet und stattdessen unguten Gedanken nachgehangen wird. Sowohl für die Täterinnen und Täter solchen Schadens als auch für die Opfer legt sich das Gebet nahe. Das reumütige und stille Beten, wie wir es in unserem Umfeld hauptsächlich erleben, sowie aufgewühltes, bewegtes, radikal ehrliches und verzweifeltes Schreien um Erlösung. Da muss die Not einfach raus, und in solchen Situationen müssen wir nicht „an uns“ halten, sondern uns an den HERRN halten. Zu Gott zu schreien in der Not ist kein Stück weniger ehrfürchtig, ist kein Zwang, sondern ein Privileg der Kinder Gottes.

Christus selbst hat „in den Tagen seines irdischen Lebens Bitten und Flehen mit lautem Schreien und mit Tränen vor den gebracht, der ihn aus dem Tod erretten konnte; und er ist erhört worden, weil er Gott in Ehren hielt.“ (Hebräer 5,7) Hier, im Gebet Jesu Christi, wurzelt die Kraft und Zuversicht für unser Gebet „jederzeit im Geist“ (Eph 6,18). Im Geist zu beten macht aufmerksam und wachsam für die Überprüfung sowohl der eigenen Gebetshaltung (Wie trete ich vor den Thron des Allmächtigen?) als auch der eigenen Gebetsanliegen (Was erbitte ich für andere oder mich selbst?). Gebetshaltung sowie Gebetsanliegen hat Christus selbst, unser Heiland und Mittler im Himmel, uns gelehrt und vorgelebt, etwa „Vater unser im Himmel“ und „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.“

Schon dass wir beten „Vater unser im Himmel“, rückt das gemeinschaftliche Beten in den Blick. Wenn Dir etwa gerade die Worte fehlen; wenn die Last das Herz niederdrückt; wenn Du sprachlos bist und selbst zu seufzen gerade nicht geht, dann wirst Du von den anderen, ja: auch vom Gebet der anderen, getragen. Als mit Wasser auf den Namen des Dreieinigen Gottes Getaufte bilden wir die Gemeinschaft der Heiligen, die über alle Grenzen von eigener Herzenshärte oder Staats- und Landesgrenzen hinweg durch Seinen Geist verbunden sind.

Manche Anliegen bedürfen besonderer Aufmerksamkeit – ob im Gebet des Einzelnen oder der versammelten Gemeinde. Manche Gebete tragen wir vielleicht ein Leben lang in und mit uns: In dem Fall oder auch bei weniger langen Wartezeiten gilt es dranzubleiben, nicht nachzulassen: bis Gott eine Lösung schafft; bis ER Frieden wirkt zwischen Menschen und Völkern; bis ER Recht spricht – spätestens am Jüngsten Tag – und gerade denen Gerechtigkeit verschafft, die in dieser Welt ungerecht behandelt wurden. In diesem Sinne viel Aufmerksamkeit und Geduld für diese Passionszeit wünscht Ihr Pfarrvikar

Dr. Andreas Pflock.