Bischof und Kollegium der Superintendenten (Text leicht gekürzt)
Ich will euch trösten – Brief an die Gemeinden
Gott, der Herr, spricht: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“
(Aus dem Predigtwort zu Sonntag Lätare aus Jesaja 66,13)
In Christus, liebe Gemeindeglieder der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche, liebe Gäste der Gemeinden, liebe Freunde und interessierte Leserinnen und Leser!
Die Kirchenleitung und das Kollegium der Superintendenten wenden sich mit diesem Brief an Sie, um Ihnen in Zeiten tiefer Verunsicherung und Gefahr nahezusein. Täglich überschlagen sich derzeit die Meldungen zum neuartigen Coronavirus mit dem Namen „SARS-CoV-2“.
Bei aller Not, die Kranke und ihre Angehörigen, Sterbende und Trauernde in diesen Tagen erleben, können wir die Frage, warum Gott dies zulässt, nicht beantworten. Gott ist hierin verborgen, weil er unsere begrenzten menschlichen Vorstellungen übersteigt. Wir haben aber seine tröstliche Zusage durch den Propheten Jesaja: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ Um diesen Trost für uns greifbar und anschaubar zu machen, hat er seinen Sohn Jesus Christus Mensch werden lassen. In Jesu Kreuz finden wir allen Trost, den wir brauchen.
Wir können uns nicht erinnern, eine solche gesundheitliche Gefährdung und Krise erlebt zu haben, und auch in der Geschichte der Kirche hat es ein so umfangreiches Verbot von Gottesdiensten noch nicht gegeben. Die Vorstellung, womöglich zu Ostern keine gemeinsamen Gottesdienste feiern zu können, erfüllt uns mit tiefer Traurigkeit. Wie sollen wir uns verhalten?
- Als Kirchenleitung und Kollegium der Superintendenten möchten wir klarstellen, dass es ein Gebot der Nächstenliebe ist, sich an die Anordnungen der Bundesregierung, der Bundesländer und Behörden zu halten.
- Manche fragen sich, ob man nicht dem dritten Gebot zur Feiertagsheiligung folgen muss und trotz aller Verbote Gottesdienst halten sollte. Wir antworten hier sehr klar, dass dies nicht möglich ist, denn dem steht das Gebot der Nächstenliebe gegenüber. Da die Einschränkungen nur vorübergehend sind und keine unchristliche Absicht damit verfolgt wird, ist der Nächstenliebe zu folgen.
- Dort, wo Ursachen und deren Erklärungen sehr kompliziert sind, entstehen sehr schnell Verschwörungstheorien und Gerüchte. Wir rufen daher dazu auf, bei der Auswahl der Informationsquellen sehr sorgfältig zu sein.
Zugleich erfüllt es uns mit tiefer Freude, Dankbarkeit und Zuversicht, wenn wir sehen, wie viele Initiativen und Ideen auch in unseren Gemeinden hervorbrechen, die wir vor wenigen Wochen noch für unmöglich gehalten haben. Wir sind den vielen Aktiven in unserer Kirche zutiefst dankbar für Videogottesdienste, Rundschreiben, Andachtsformen im Internet und vielen anderem mehr. Eine so bunte Vielfalt in unserer Kirche ist für uns vollkommen unerwartet. In Zeiten, in denen von körperlicher Nähe abzuraten ist, werden der Telefonanruf und die Postkarte besonders für Menschen, die mit dem Internet nicht umgehen können, besonders wichtig.
Wir als Kirchenleitung und Kollegium der Superintendenten geben hiermit weiter:
- Unsere Gottesdienste fallen nicht aus. Sie werden doch eigentlich zur gleichen Zeit nur an unterschiedlichen Orten – nämlich bei uns zu Hause – gehalten. Täglich beten wir zu Gott, dass er Hilfe schenken möge. Es gilt die kleine innere Scheu zu überwinden und wieder neu damit anzufangen, gemeinsam in der Heiligen Schrift zu lesen, ein Andachtsbuch und das Gesangbuch dazu aufzuschlagen und gemeinsam zu beten: ein freies Gebet, das Vaterunser und den Segen.
- Auch die Kollekten in unseren Gemeinden müssen nicht ausfallen. Der Apostel Paulus unterbreitet der Gemeinde in Korinth einen Vorschlag, der für unsere Tage sehr geeignet erscheint. Paulus schreibt uns: „An jedem ersten Tag der Woche lege ein jeder von euch bei sich etwas zurück und sammle an, soviel ihm möglich ist, damit die Sammlung nicht erst dann geschieht, wenn ich komme.“ (1. Korinther 16,2).
Wir freuen uns heute schon auf den großen nachgeholten Oster-Festgottesdienst, wenn das Versammlungsverbot aufgehoben sein wird und wir gemeinsam diese große Kollekte zusammentragen.
Wir wollen die Verantwortung, die uns gegeben ist, in dieser Krise gewissenhaft wahrnehmen.
Gern sind wir als Kirchenleitung und Kollegium der Superintendenten weiterhin bereit, Ihre Vorschläge, Ideen und Initiativen nach Kräften mit anderen zu teilen.
Bei alledem sind wir gewiss, dass Gott seine Zusage besonders in diesen Zeiten der Not hält:
Gottes Liebe, seine Fürsorge und Hilfe sei Ihnen und Euch allen nahe!
Hans-Jörg Voigt, Bischof